Woher kommt die 4-7-8 Atmung?
Die 4-7-8 Atmung ist eine der bekanntesten Atemübung aus dem Yoga. Es handelt sich dabei um eine rhythmische Atemmethode und geht zurück auf das Pranayama, das in den Raja Yoga Sutras von Pantanjali beschreiben wird. Beim Pranayama geht es um die Kontrolle des Atemflusses, das die Vitalenergie erhöhen soll. Hier werden Atemübungen beschrieben, die Auswirkungen auf das vegetative Nervensystem haben, es entweder stimulieren oder beruhigen sollen.
Es gibt Atemmethoden für mehr Energie, Wachheit und Wachstum, die z.B. den Herzschlag beschleunigen oder bei denen man mehr Sauerstoff aufnimmt. Andere Atemübungen sind für die Beruhigung und Entspannung. Sie erzeugen einen langsameren Herzschlag und niedrigeren Puls. Die 4-7-8 Atmung wirkt wie ein natürliches Beruhigungsmittel. Sie hat eine direkte Auswirkung auf unser vegetatives Nervensystem, der Verbindung zwischen Körper und Geist.
Hintergrundwissen zur Atmung und der 4-7-8 Atemtechnik
Unser Atem hat direkten Einfluss auf unser vegetatives Nervensystem, auf unseren Herzschlag, Puls, Blutdruck. Wir leben in einer Welt von Überreizung. Informationsflut durch Nachrichten und Social Media, private und berufliche Anforderungen oder zu wenig Schlaf führen dauerhaft zu ungesundem Stress. Das belastet unsere Psyche und unseren Körper. Die bewusste 4-7-8 Atemübung ist eine Antwort, wie wir diesem Stress direkt entgegenwirken können.
Dauerstress kann krank machen
Wir leben in einer Daueranspannung, die unserem vegetativen Nervensystem signalisiert: „Achtung Feind! Wir befinden uns im Fight-or-Flight-Modus!“. Dieser Kampf-Flucht-Modus ist an sich etwas Gutes – schließlich hat es uns Jahrtausende dabei geholfen, unser Überleben zu sichern, wenn wir mit Feinden kämpfen oder vor ihnen flüchten mussten. Unser autonomes Nervensystem macht, was es machen soll: Es sichert in erster Linie unser Überleben.
Ungesund kann dieser Modus für uns werden, wenn er ein Dauerzustand wird. Denn in diesem Zustand werden vermehrt Stresshormone, wie Adrenalin und Cortisol, ausgeschüttet. Das Blut wandert in vermuteter Vorbereitung auf den Kampf oder die Flucht in unseren Extremitäten und das Herz wird weniger mit Sauerstoff versorgt. Ein erhöhter Herzschlag und hoher Blutdruck sind unter anderem das Ergebnis. Wir können uns weniger gut konzentrieren, unseren Organen fehlt Sauerstoff und unser Immunsystem wird abgeschaltet.
Das vegetative Nervensystem steuert über den Sympathikus (Anspannung) und Parasympathikus (Entspannung) unseren jeweiligen Zustand. Auf das Nervensystem haben wir bewusst kaum Einfluss. Die Prozesse zur Aktivierung des einen oder anderen vegetativen Nervs werden über die Neurezeption* erfasst und ausgelöst. Das kann teilweise auch über unser Verhalten erfolgen, wenn wir beispielsweise flach und kurz atmen. Für unser internes System ist das ein Zeichen für: Achtung Gefahr, feindlicher Angriff zu erwarten.
Die 4-7-8 Atmung als Antwort auf Dauerstress
Wenn wir Menschen kaum Einfluss auf unser autonomes Nervensystem haben, wie können wir aus dem Stresszustand in den Entspannungszustand gelangen? Was kann uns helfen unserem Körper und Geist zu signalisieren, dass wir in Sicherheit sind? Die Antwort ist: Die Atmung! Mit der Atmung und bestimmten Atemübungen können wir Kontakt mit unserem Nervensystem aufnehmen. Wenn wir unseren Atemrhythmus reduzieren und verlangsamen, signalisiert das unserem internen System: Wir sind in Sicherheit, es ist alles in Ordnung, wir sind ruhig und beruhigt. Was folgt ist die Ausschüttung von Glücks- und Entspannungshormonen, statt Stresshormonen. Wir fühlen uns entspannt, gelassen und wohl.
Wie und wobei kann die 4-7-8 Atmung uns helfen?
Die 4-7-8 Atemübung können wir immer machen, wenn wir uns beruhigen und unseren Körper und unseren Geist synchronisieren möchten.
– Bessere Konzentration, erhöhter Fokus
– Vor Prüfungen und Vorträgen
– Bei großer Erregung, wie Angst- oder Panikattacken
– Zum Entspannen oder Einschlafen
– Bei Heißhungerattacken
– Gelüste beim Rauch-Stopp
– Die Herzschlagfrequenz senken
– Vorbeugend die Stressresistenz erhöhen
Die Atemtechnik können wir immer praktizieren, wenn wir uns beruhigen wollen. Wir können unserem Körper-Geist-System helfen, die Situation neu zu bewerten, einzuordnen. Wir signalisieren, dass alles in Ordnung ist und wir sicher sind.
Wie funktioniert die 4-7-8 Atmung? Wie wird die 4-7-8 Atemtechnik ausgeführt?
Die 4-7-8 Atmung kann man in jeder bequemen Position, beim Sitzen, im Liegen oder sogar beim Gehen anwenden. Wichtig ist, dass dein Oberkörper aufrecht ist und du gut und tief in den unteren Bauchraum atmen kannst.
Du kannst die Übung mit Daumen und Ringfinger durchführen oder auch ohne. Wenn du mit deinen Fingern arbeitest, dann hältst du dir abwechselnd mit Daumen und Ringfinger ein Nasenloch zu. Die hier angegebenen „Sekunden“ kannst du ebenso ersetzten mit „Schritte“ oder „Schläge“. Wichtiger als die Maßeinheit ist, dass du das Verhältnis von 4-7-8 einhältst.
Setze sich aufrecht hin oder lege dich auf eine bequeme Unterlage. Atme ruhig und gleichmäßig in den Bauch. Hole tief Luft und nimm zwei oder drei kräftige Atemzüge. Lass den Atem danach wieder natürlich fließen. Halte dir jetzt mit dem rechten Daumen das rechte Nasenloch zu. Atme auf vier Sekunden durch das linke Nasenloch tief ein. Verschließe nun zusätzlich mit dem Ringfinger das linke Nasenloch und halte den Atem sieben Sekunden an. Öffne jetzt das rechte Nasenloch und atme acht Sekunden aus. Den nächsten Atemzug nimmst du durch das geöffnete rechte Nasenloch und zählst dabei vier Sekunden. Mit dem Daumen verschließt du jetzt das rechte Nasenloch und zählst sieben Sekunden. Die Ausatmung auf acht Sekunden erfolgt jetzt durch das linke Nasenloch. Damit ist ein Turnus beendet und du bist du in der Ausgangslage. Die Übung erfolgt wieder von vorn.
Eine Zusammenfassung der 4-7-8 Atmung
4 Sekunden: Einatmung links. Rechtes Nasenloch geschlossen.
7 Sekunden: Atem anhalten. Beide Nasenlöcher geschlossen.
8 Sekunden: Ausatmung rechts. Linkes Nasenloch geschlossen.
Jetzt in die andere Richtung.
4 Sekunden: Einatmung rechts. Linkes Nasenloch geschlossen.
7 Sekunden: Atem anhalten. Beide Nasenlöcher geschlossen.
8 Sekunden: Ausatmung links. Rechtes Nasenloch geschlossen.
Durchgang abgeschlossen.
Am Anfang ist es empfehlenswert, dass du die Atemübung zwei Mal am Tag durchführst. Für eine gute Wirkung auf das autonome Nervensystem wiederhole die Atemübung vier Mal. Später, wenn du geübter bist, kannst du die Übung so oft machen, wie es dir gut tut.
Eine Variante nach Dr. Andrew Weil, der die Atemmethode propagierte, wird ohne das Zuhalten der Nasenlöcher durchgeführt. Dabei stößt die Zunge während der gesamten Übung an die vorderen Schneidezähnen und liegt locker im Mund. Das Ausatmen erfolgt geräuschvoll mit einem „Schschschsch“ durch den halb geöffnetem Mund.
Wenn du die Übung beendet hast, überlasse deinen Atem wieder seinem natürlichen Rhythmus. Beobachte dich. Wie hat sich deine Herzfrequenz verändert? Wie fühlst du dich? Was hat sich verändert? Stell dir die Fragen auch, wenn du die Übung über einen gewissen Zeitraum regelmässig durchgeführt hast. Bist du allgemein ruhiger? Hat sich eine Konzentration verbessert? Hat sich dein Schlaf verändert und damit auch deine Energie am Tag?
Fazit zur 4-7-8 Atmung
Da dies Übung so unkompliziert ist, kannst du sie jederzeit und an jedem Ort praktizieren. Selbst beim Spazieren kannst du die Sekunden durch deine Schritte ersetzen und draußen in der Natur zusätzlich zur Entspannung beitragen. Wenn du im Bus oder der Bahn unterwegs bist oder an anderen öffentlichen Orten, dann kannst du die Übung auch ohne Daumen und Ringfinger ausführen.
Probiere die Atemtechnik doch mal beim nächsten Einschlafen aus. Beobachte, ob dir die Übung hilft dich zu entspannen und du schneller einschlafen kannst. Schreib uns, wie deine Erfahrung mit der Yoga Atemtechnik ist. Kennst du andere Techniken und Übungen, die dir bei der Entspannung geholfen haben? Wir freuen uns, wenn du deine Erfahrung in einem netten Kommentar mit unseren Lesern teilst.
*Neurezeption nach Stephen Porges, Polyvagal Theorie
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